Ideenkongress 2023

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Interview mit Stefan Schmidtke

Chemnitz 2025 entwickelt für den Ideenkongress gleich zwei Themenräume. In zwei Jahren wird Sachsens ehemaliges industrielles Herz Kulturhauptstadt Europas sein. Warum die Region dabei eine besondere Rolle spielt, wie Kreative und Kunstschaffende die Beziehungen zwischen Chemnitz und seinen Nachbarn beleben sollen und warum der internationale Blick nicht nur auf Chemnitz, sondern auch auf Schneeberg oder Neukirchen wichtig ist, erzählt Stefan Schmidtke in unserem Interview.

Herr Schmidtke, die Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 will nicht nur auf die Stadt schauen, sondern auch auf das Umland. Warum kümmert sich die Kulturhauptstadt um ländliche Räume?
Stefan Schmidtke: Es ist eigentlich ganz einfach: Die Kulturhauptstadt ist auch die Region. 38 Kommunen und Chemnitz sind gemeinsam Kulturhauptstadt Europas. Die Orte und die Menschen in der Region waren immer schon sehr eng miteinander verbunden. Uns war klar, dass – wenn wir die Geschichte entlang unseres Mottos „C the Unseen“, also „Entdecke das unbekannte Chemnitz“, erzählen wollen – wir das nur gemeinsam mit der Region tun können. Wir wollen die Geschichte des Erzgebirges zeigen. Und so ist es auch folgerichtig, dass das größte Projekt der Kulturhauptstadt in allen 38 Kommunen gleichzeitig stattfindet: Der „Purple Path“ führt durch alle beteiligten Kommunen – als ein Kunst- und Skulpturenpfad, auf dem über 70 Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt von der Geschichte des Handwerks und der Industrie in der Region erzählen.

Ein weiteres Flagship-Projekt sind die Makerhubs, die in der Region entstehen und die Kreativwirtschaft fördern wollen. Was hat es damit auf sich?
Schmidtke: Es gab das Angebot an Kreative und Gründerinnen und Gründer, sich mit ihren Ideen um eine Förderung zu bewerben. In einem Ausschreibungsverfahren wurden acht Projekte ausgewählt. Ein Beispiel ist das ehemalige Autohaus in Neukirchen, in dem jetzt ein Makerhub für nachhaltige Landwirtschaft entsteht. Außerdem wird dort jeden Tag gekocht, die Menschen kommen zusammen, tauschen sich aus, es entsteht Gemeinschaft und es entwickeln sich bis 2025 sicherlich weitere Ideen und Projekte.

Welche Orte eignen sich für solche Hubs?
Schmidtke: Die Hubs entstehen fast alle an alten, stillgelegten Orten von Produktion und Handel. Die von uns ausgewählten Macherinnen und Macher knüpfen an diesen Orten mit neuer Technik und nachhaltiger Arbeitsweise an alte Traditionen an, zum Beispiel an die einst bedeutende Textilproduktion oder Fabriken der Holzverarbeitung. Es gibt also eine Nachnutzung und ein Nach-Vorne-Denken, wie man heute mit Handwerk etwas sinnstiftendes Neues schaffen kann.

Und sicherlich sollen diese Orte auch über das Kulturhauptstadtjahr hinaus bestehen. Wie stellen Sie sich die Beziehungen zwischen Chemnitz und seiner Region nach 2025 vor?
Schmidtke: Schon jetzt haben sich die Beziehungen verändert. Denn durch die großen Projekte gibt es viel Kommunikation zwischen der Großstadt Chemnitz und den Kommunen im Erzgebirge. Wir haben einen sehr regen Austausch zwischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, Mitarbeitenden in den Verwaltungen, aber auch zwischen Kreativen, Künstlerinnen und Künstlern. Ich glaube, dass die Synergien, die dabei entstehen, auch nach Chemnitz 2025 von den Menschen in der Region genutzt werden.

Was macht Sie da so optimistisch?
Schmidtke: Die Region ist durch den Öffentlichen Nahverkehr bereits sehr eng verbunden. Mit der Straßenbahn können Sie aus Chemnitz raus in auch weitergelegene Städte fahren. Mit Chemnitz 2025 wollen wir analog zu diesem Verkehrsverbund, dem Chemnitzer Modell, ein Netz knüpfen, dessen Knoten aus so vielen Kontakten wie möglich bestehen. Ich glaube, je besser sich die Menschen kennen lernen, desto eher erkennen sie das Potenzial von Kooperationen.

Es ist Ihnen wichtig, eine internationale Perspektive einzunehmen. Was genau erwartet das Kongresspublikum?
Schmidtke: Wir wollen betonen, dass wir in einem Drei-Länder-Eck leben. Wir werden also Kooperationen mit Städten und Regionen in Polen und Tschechien fördern. Wir laden Menschen aus Karlsbad, Pilsen oder Breslau ein, an den Hubs teilzunehmen. Außerdem sollen Kreative und Künstler aus Chemnitz‘ Partnerstädten, also Manchester, Łódź, Tampere oder Mulhouse, die Kreativ-Hubs besuchen und sich mit eigenen Ideen einbringen. Wir wollen damit eine grenzüberschreitende europäische Perspektive betonen. Denn Chemnitz liegt geografisch näher an Prag als an Berlin.

Herr Schmidtke, vielen Dank für das Gespräch!

Erschienen am 14.09.2023.

Chemnitz 2025 auf dem Ideenkongress:

29/09/2023, 11:45 Uhr, Cafébühne
Themenraum: Makerhubs 

28/09/2023, 11:30 Uhr, Festhalle
Themenraum: Stadt-Land-Beziehungen

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