Blaskapelle, Streichquartett und Techno – Musik in ländlichen Räumen ist schon lange vielfältig und nicht mehr an bestimmte Genres gebunden. Auf Festivals, in Kantoreien, Kammermusikensembles und Orchestern, in Musikschulen, Blaskapellen oder Kirchenchören, in Popgruppen oder Metalbands werden nicht nur musikalische Traditionen gepflegt und bewahrt, sondern auch Experimente gewagt. Dieser Vielfalt gehen wir mit dem PODIUM Esslingen im gemeinsamen künstlerischen Projekt DOPPEL(T)LEBEN nach. Hier geben die Kunstschaffenden einen ersten Einblick in die Produktion.
Lieber Joosten, lieber Anselm, mit einem öffentlichen Aufruf habt ihr nach Musikerinnen und Musikern gesucht, die ein „musikalisches Doppelleben“ führen und Teil des Ideenkongresses sein möchten. Welche Menschen haben sich bei Euch gemeldet?
PODIUM: Wir waren überrascht von der Vielzahl an unterschiedlichsten Einsendungen: darunter waren Orchestermusikerinnen, selbständige Solokünstler, Dirigentinnen oder auch Singer-Songwriter. Natürlich mussten wir aus diesen guten Bewerbungen eine Auswahl treffen. Letztlich haben wir nun bereits vier spannende Musikerinnen und Musiker gefunden, die wir mit dem Projekt porträtieren wollen und sind mit ihnen in direktem Austausch. Wohnhaft sind die Musikschaffenden in der Nähe von Mannheim, in Detmold, sowie in Chemnitz. Sie alle haben einen Bezug zum ländlichen Raum und wechseln in ihrem musikalischen Leben zwischen ganz unterschiedlichen Rollen. Auf welche Weise diese Rollen auch in unserem Projekt zum Ausdruck kommen können, das werden wir in den nächsten Monaten gemeinsam erarbeiten.
Was ist euch in der Zusammenarbeit mit den externen Akteurinnen und Akteuren wichtig und worauf möchtet ihr aufmerksam machen?
PODIUM: Musikerinnen und Musiker können in sich verschiedene musikalische „Identitäten“ vereinen. Sie sind beispielsweise in einem Orchester zu Hause sind, spielen aber auch noch ein ganz anderes Instrument in einem völlig anderen Genre. Das interessiert uns. Daneben wollen wir wissen, welche Wirkung Musikerinnen in unterschiedlichen Zusammenhängen entfalten: In der Zusammenarbeit mit Laienmusikern vor Ort oder in der Pflege von regionalen Traditionen. Solche ungewöhnlichen Überlappungen und spannenden vielschichtigen Engagements wollen wir mit DOPPEL(T)LEBEN sicht- und hörbar machen.
Warum gibt es im ländlichen Raum viele musikalische Doppelbiografien? Und woher kommt die Idee, daraus eine Aufführung für den Ideenkongress zu machen?
PODIUM: Die Laienmusikszene in ländlichen Regionen ist das Rückgrat der Musikszene in Deutschland. Sie wird getragen von einer Vielzahl engagierter Lehrender, Musikerschaffender und Ehrenamtlicher. Die Verbindung zwischen traditionellen Genres, vor allen Dingen klassischer oder volkstümlicher Musik und Popmusik-Gruppierungen findet jedoch oft unter dem Radar statt. Dabei haben viele Musikerinnen und Musiker mehr als nur eine Leidenschaft. Sie können in einer Kapelle, in einer Band und auch solo spielen. Sie sind interdisziplinär unterwegs. Diese Mehrstimmigkeit wollen wir hörbar machen.
Wir möchten darum auf dem TRAFO-Ideenkongress das Scheinwerferlicht auf diese vielfältigen Aktivitäten in ländlichen Räumen und die diversen künstlerischen Talente von Musikerinnen und Musikern richten. Dazu sind wir in den nächsten Monaten unterwegs auf Recherchereisen, um eine gemeinsame Performance zu entwickeln.
Erschienen am 25.05.2023.