Editorial

Verantwortung übernehmen

 
Kleinere Städte haben häufig mit vielen Vorurteilen zu kämpfen: muffig, langweilig, ausgestorben. Aber stimmt das auch? Oder hat sich dieses Bild in den vergangenen Jahrzehnten einfach nur manifestiert, ohne Gegenbeispiele zuzulassen? Und welche Rolle spielt bei dieser Betrachtung die Kultur?
 
In unserem dritten Newsletter richten wir daher unseren Blick auf kleinere Städte, genauer gesagt auf das Südniedersächsische Seesen. Seesen hat knapp 20.000 Einwohner und ein weltberühmtes Bürgerhaus: das Jacobson-Haus. Im Jahr 1889 wurde es als Schule erbaut. Damals war es nicht nur das größte Gebäude der Stadt, sondern auch Ausdruck einer Philosophie: Bildung, Kultur und Integration waren der Handlungsrahmen des Schulgründers Israel Jacobson, früher Vertreter des Reformjudentums. Bereits seit 1801 wurden in Seesen christliche und jüdische Schüler gemeinsam unterrichtet.
 
In den nächsten Jahren soll dieses Bürgerhaus nun im Rahmen von TRAFO zu einem kommunalen Zentrum für Bildungs- und Kulturaktivitäten weiterentwickelt werden. In dem Haus ist nicht nur die Bücherei der Stadt ansässig, sondern auch die Jugendfreizeitstätte und der Seniorenclub, die Traditionspflege des Harzklubs sowie Blas- und andere Musikvereine. Gemeinsam übernehmen sie Verantwortung für das Kulturleben in Seesen und werden im Rahmen von TRAFO generationenübergreifende Kulturprojekte und Veranstaltungen entwickeln und umsetzen. Dabei beziehen sie auch andere Kulturakteure der Stadt und der Umgebung mit in ihre Aktivitäten ein, so der Leiter des Projekts „Transformation des Jacobson-Hauses“ Thorsten Scheerer in seinem Beitrag.
 
Bei der Auseinandersetzung mit dem Jacobson-Haus haben wir uns gefragt, wie eigentlich die Situation von kleineren Städten aussieht: Lassen sich Tendenzen erkennen, wie sie sich in den letzten Jahrzenten entwickelt haben? Wir haben Dr. Annett Steinführer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Thünen-Institut in Braunschweig, gebeten, die Situation von kleineren Städten zu beleuchten. Zudem beschreibt Andreas Kämpf, Vizepräsident des Deutschen Kulturrates, aus seiner langjährigen Erfahrung in der Kulturarbeit, welche Impulse von Kulturzentren für kleinere Städte ausgehen können.
 
Warum Kultur nicht bloß ein touristisches Beiwerk, sondern konstitutiver Bestandteil des gesellschaftlichen Zusammenlebens für eine Stadt ist, das erklärt der Bürgermeister der Stadt Seesen, Erik Homann, im Gespräch mit TRAFO.
 
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
 

Impuls

Foto: Tim Schenkl

Kleine Städte, k(l)eine Zukunft?

Von Dr. Annett Steinführer

Wie steht es um die kleinen Städte in Deutschland? Wie entwickeln sie sich, welche Probleme und Potentiale lassen sich identifizieren? Dr. Annett Steinführer, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Thünen-Institut in Braunschweig, beleuchtet die aktuelle Situation eines von der Forschung bislang vernachlässigten Siedlungstyps und seine Entwicklungspotentiale für die Kultur. Mehr

Foto: Tim Schenkl

Zur Rolle von Kultur und Zivilgesellschaft in kleineren Städten

Von Andreas Kämpf

Verglichen mit vielen anderen europäischen Staaten sind die Kultureinrichtungen in Deutschland beachtlich dezentral verteilt. Kulturzentren spielen insbesondere in ländlich geprägten Regionen eine wichtige Rolle. Andreas Kämpf beschreibt, welche Funktion diese Orte übernehmen und was es braucht, damit daraus keine leblosen Mehrzweckhallen werden. →Mehr

Schwerpunkt: Transformation des Jacobson-Hauses
in Seesen

Foto: Tim Schenkl

Das Jacobson-Hauses Seesen – ein Kulturort für alle

Von Thorsten Scheerer

Das Jacobson-Haus in Seesen wurde 1889 als Schulhaus errichtet und war zur Zeit seiner Entstehung nicht nur das größte Gebäude der Stadt, sondern auch Ausdruck einer Philosophie. Jetzt wird es im Rahmen von TRAFO zu einem kommunalen Kulturort weiterentwickelt. Der Projektleiter des Transformationsprojektes, Thorsten Scheerer, stellt in seinem Beitrag den Transformationsprozess des Jacobson-Hauses vor und erläutert, welche Rolle dabei die Philosophie von Israel Jacobson spielt. →Mehr

Foto: Tim Schenkl

„Die Attraktivität einer Stadt hängt vom Geist, der Mentalität und der Kultur der Menschen ab.“

Interview mit dem Bürgermeister der Stadt Seesen, Erik Homann

Die Stadt Seesen setzt sich nicht nur für die Transformation des Jacobson-Hauses ein, sondern hat mit den Veränderungen auch bei sich begonnen. Im Interview erklärt der Bürgermeister der Stadt Seesen, Erik Homann, warum Kultur genauso entscheidend für den Erfolg einer Kommune ist wie die Betriebskultur für den Erfolg eines Unternehmens. Mehr

Termine

Ausstellungseröffnung „DIE GÄSTEZIMMER“ im Oderbruch Museum Altranft

 

Am 20. Mai 2017 eröffnet das Oderbruch Museum Altranft unter dem Titel „DIE GÄSTEZIMMER“ die partizipative Rauminstallation der Künstlerin Ellen Kobe. Gemeinsam mit den Bewohnern des Oderbruchs und Berliner Künstlern bespielt sie im Herrenhaus Altranft vier Räume der Belle Etage mit dem Interieur aus der Sammlung Charlotte von Mahlsdorfs. Mehr 


Das Theater Lindenhof zu Gast in Tübingen

Unter dem Motto „Heimattheater für die Welt – Welttheater für die Heimat“ ist das Theater Lindenhof vom 30. Mai bis zum 4. Juni 2017 mit einer Werkschau von zehn Inszenierungen zu Gast im Landestheater Tübingen (LTT). Die Gastspiele sind Teil der Kooperation „STADT. LAND. IM FLUSS“, die im Rahmen von TRAFO umgesetzt wird. →Mehr 


Ausstellungseröffnung zum Jahresthema „Wasser und Oderbruch“ im Oderbruch Museum Altranft

Das Oderbruch Museum Altranft eröffnet am 16. Juli 2017 die Ausstellung zum Jahresthema „Wasser und Oderbruch“. Rund um die Ausstellungseröffnung findet an diesem Tag zwischen 11 und 17 Uhr eine „Wasserschau“ mit einer Soundcollage von Martin Klingeberg und die Premiere des Theaterstücks  „Bibergeil“ zum Thema Wasser im Schlosspark statt. Mehr


Vermittlungsprojekt zum Thema Geheimnis der Opernfestspiele Heidenheim

Geheimnis – das ist das Thema der diesjährigen Opernfestspiele Heidenheim. Ein Zauberwort, etwas Unerklärliches. Am 28. Juli 2017 teilen die Musiker des Orchesters der OH!, der Cappella Aquileia, ihr Geheimnis mit dem jungen Publikum: Wie entsteht aus ihren Instrumenten Musik, und wie kann man damit Geschichten erzählen oder Bilder malen? Mehr