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Beitrag von Dr. Michael Fehr und Peter Herbert: „Revision der Sammlung“

Sammlungen brauchen Platz, sie machen Mühe und kosten Geld. Deshalb geraten sie immer wieder auf den Prüfstand, vor allem, wenn ein Museum unter Transformationsdruck gerät. Mit der Neuausrichtung interpretiert das Oderbruch Museum Altranft seine Sammlungsobjekte in einem neuen konzeptionellen Rahmen und entwickelt seine Identität neu. Dr. Michael Fehr und Peter Herbert berichten, wie das Museum seine Sammlung neu aufgestellt hat.

Sammlungen bilden das Rückgrat eines Museums. In ihren Objekten schlägt sich das leitende Erkenntnisinteresse einer Kulturinstitution nieder und findet immer wieder zu neuem Ausdruck. Auch bei hohem Veränderungsdruck gilt deshalb: Der Auf- und Ausbau, die Pflege, Dokumentation und wissenschaftlich fundierte Erschließung der Sammlungen sind zentrale Aufgaben der Museumsarbeit.

Das 1975 gegründete und 1979 eröffnete Freilichtmuseum Altranft zeigte nur einen sehr kleinen Teil seiner Sammlungsbestände. Mit der Neuausrichtung im Jahr 2016 wurden sämtliche Sammlungsobjekte, die auf dem Dachboden des Herrenhauses – dem zentralen Museumsgebäude – eingelagert waren, in die Ausstellungsräume gebracht. Dort wurden sie nach Sachgruppen geordnet zusammengestellt, um den Bestand des Museums zu sichten und im Hinblick auf seine zukünftige Verwendbarkeit einschätzen zu können.

Bei dieser „Revision“ genannten Aktion, an der nicht nur viele Mitarbeiter des Museums, sondern auch Interessierte aus dem Dorf teilnahmen, wurden rund 3.000 Objekte bewegt. Während der Öffnungszeiten des Museums konnten sich die Besucherinnen ein Bild von Art, Umfang und Zustand der Sammlungen machen. Zudem waren sie aufgefordert, sie zu identifizieren, zu kommentieren oder mit eigenen Geschichten zu verbinden. Küchenutensilien, Hausrat, Einrichtungsgegenstände und Möbel, Flechtarbeiten, Textilien und Spielzeug, Geräte und Werkzeuge vorwiegend aus dem landwirtschaftlichen Bereich wurden von den Sammlungsbetreuern in drei Kategorien aufgeteilt und diese Bewertung durch eine entsprechende Markierung oder Platzierung sichtbar gemacht.

So konnten die Besucher nachvollziehen, welche Zuweisungen schließlich der Sammlungsbeirat (drei externe Fachleute und ein Vertreter des Museumsträgers) bestätigte bzw. selbst traf. Etwa die Hälfte dieser Bestände wurde in die Kategorie A aufgenommen: wissenschaftliche Sammlungen, dauerhaft aufzubewahren. Weitere ca. 20 Prozent erhielten den Status B: für die praktische Museumsarbeit, z.B. im museumspädagogischen Programm zu verwenden. Der Rest wurde, in der Regel aufgrund des schlechten Zustands der Objekte, in die Kategorie C: ent sammeln eingestuft.

2017 wurden die weiteren, an anderen Orten gelagerten Bestände wie landwirtschaftliche Maschinen und Geräte, größere Möbel sowie verschiedene Werkstatteinrichtungen in ähnlicher Weise, zum Teil mithilfe eines Fachmanns, begutachtet. Museumsintern wurde diese Revision zu einer Inventur, dem Abgleich der Inventare mit den Beständen, genutzt – eine mühsame Fleißarbeit, die jedoch gerade auch im Hinblick auf das Entsammeln, also die Hin- oder Aufgabe von Vermögenswerten, geleistet werden musste.

Im März 2017 wurde das Museum in Oderbruch Museum Altranft – Werkstatt für ländliche Kultur umbenannt. Mit der konzeptionellen Entscheidung, das Museum konsequent auf den Handlungsraum Oderbruch auszurichten, war auch die Notwendigkeit verbunden, die insgesamt 9.000 Sammlungsobjekte auf ihre inhaltliche Aussagekraft hin zu bewerten. Es ging also auch um die Frage, ob sie in irgendeiner Weise mit der Geschichte des Oderbruchs in Zusammenhang standen oder gebracht werden können. Dabei stellte sich heraus, dass nur ein kleiner Teil der Bestände regionale Bezüge oder Referenzen aufwies.

Die Sammlungsgegenstände mit einem Bezug zum Oderbruch werden nun in verschiedenen Dauerausstellungen unter unterschiedlichen thematischen Gesichtspunkten und im Studiolo gezeigt, das anstelle des ursprünglich geplanten, doch mangels Masse nicht realisierbaren, Schaudepots eingerichtet wurde.

Drei Empfehlungen an andere Häuser: Als sehr nützlich hat sich erwiesen, dass ein Sammlungskonzept für das Museum entwickelt werden konnte, das nicht nur Richtlinien für den Umgang mit den Sammlungen einschließlich einschlägiger Formulare etc. umfasst, sondern klare Ziele und Standards für die zukünftige Sammlungstätigkeit setzt. Das Sammeln wird dadurch nachvollziehbar und transparent. Außerdem ist es empfehlenswert, einen unabhängigen Sammlungsbeirat zu etablieren, der die Arbeit an und mit der Sammlung begutachtet.

Erschienen im August 2019.