Welche Rahmenbedingungen braucht es, um eine Netzwerkstelle für Kulturarbeit in ländlichen Räumen zu etablieren? Wie, wo und mit welchen Aufgabenschwerpunkten wird das neue Stellenprofil konkret verortet? Die Handreichung „Regionalmanager*in Kultur“ bündelt Praxiserfahrungen aus sechs Regionen in Baden-Württemberg und bietet einen kompakten Leitfaden mit Übersichten, Tipps und Empfehlungen für Kommunen, Verbände und Förderer.
Handreichung | Regionalmanager*in Kultur. Kulturarbeit in ländlichen Räumen↓ Download
Der Bedarf ist klar: In ländlichen Regionen fehlt es an festen Ansprechpersonen für die Kultur. Je kleiner der Ort und je ländlicher die Region, umso weniger hauptamtliches Personal gibt es, das sich um das Thema Kultur kümmert. Aber was sind die konkreten Anforderungen an diese neuen Netzwerkstellen für die Kulturarbeit in ländlichen Räumen? TRAFO hat dazu gemeinsam mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg eine Handreichung herausgegeben. Der praxisorientierte Leitfaden berücksichtigt neben den Erkenntnissen aus dem Baden-Württemberger Pilotprojekt „Regionalmanager*in Kultur“ (2019-2023) auch Erfahrungen aus anderen vergleichbaren Projekten in Deutschland. Die Handreichung möchte damit einen Impuls für die Entwicklung bestehender und neuer Netzwerkstellen für die Kultur in ländlichen Regionen geben.
Denn so klar der Bedarf ist, so verschieden sind oftmals die Erwartungen an und die Rahmenbedingungen für die Arbeit der neuen Netzwerker. Das liegt vor allem an der Komplexität des Aufgabenfeldes. Die Handreichung beleuchtet das Stellenprofil daher umfassend, benennt Schlüsselkompetenzen und Kernaufgaben für Regionalmanager Kultur. Sie sind nicht nur Ansprechpersonen für die kulturellen Akteure in der Region. Als Koordinatorinnen schaffen sie Möglichkeiten des Austauschs und der Begegnung. Als Netzwerker stoßen sie den Dialog von Kulturakteuren untereinander an, aber mehr noch besteht ihre Aufgabe darin, eine Verbindung zu anderen gesellschaftlichen Bereichen herzustellen, um im Schulterschluss mit diesen, die Kultur innerhalb der Regionalentwicklung zu verankern. Dabei handeln sie strategiegeleitet und mit einem ausgeprägten Gespür für kooperative Lösungen.
Regionalmanagerinnen Kultur bewegen sich im Berufsalltag also zwischen sehr unterschiedlichen Aufgaben und Rollen. Sie müssen vieles, aber dennoch nicht alles leisten. Ihr Aufgabenprofil sollte auf gezielten, leistbaren und regionalspezifischen Schwerpunktsetzungen basieren, die es regelmäßig zu hinterfragen gilt. Dafür muss der Bedarf vor Ort erfasst und immer wieder neu reflektiert werden. Gleichzeitig müssen aber auch strukturelle Voraussetzungen für die neuen Netzwerkstellen geschaffen werden: Entscheidend ist, wo und wie die Stelle innerhalb einer Region verortet ist. Im Baden-Württemberger Pilotprojekt wurden die Stellen in den Verwaltungen der teilnehmenden Landkreise Hohenlohe, Ostalb, Rems-Murr, Reutlingen und Waldshut sowie der KulturRegion Karlsruhe verortet. Sie sind also für diese gesamten Landkreisregionen zuständig.
Innerhalb der Verwaltung ist es wichtig, die Entscheidungsspielräume und Entscheidungswege der Regionalmanagerinnen Kultur klar zu definieren. Sie bedürfen flexibler und mobiler Arbeitsbedingungen, die sich unter Umständen von klassischen Verwaltungsstellen unterscheiden und bereits bei der Einrichtung der Stelle berücksichtigt werden sollten. Nur so können Regionalmanager Kultur als Übersetzer und Vermittlerinnen zwischen Verwaltung und Kulturakteuren wirkungsvoll arbeiten.
Für eine nachhaltige Implementierung von Regionalmanagerinnen Kultur braucht es zudem Zeit, um Strukturen aufzubauen und Strategien gemeinsam mit den relevanten Stakeholdern zu entwickeln und umzusetzen. Wie ist die Region konstituiert? Was sind ihre Stärken, wer sind die Akteure vor Ort und wo liegen konkrete Bedarfe? Es ist essentiell, dass das Profil der Stelle gemeinsam mit Kulturakteuren entwickelt und daraus eine Strategie abgeleitet wird, die regelmäßig überprüft werden kann – auch mit den politischen Gremien und Entscheidungsträgerinnen. Es empfiehlt sich die Einrichtung eines Beirates für die neuen Netzwerkstellen, um den dauerhaften Austausch zur Kulturentwicklung in der Region voranzutreiben.
Das Pilotprojekt „Regionalmanager*in Kultur“ zeigt beispielhaft, wie solch ein Prozess ablaufen kann. Das 2019 gestartete Programm setzte von Beginn an auf eine intensive Prozessbegleitung der teilnehmenden Landkreise. Das wurde unter anderem durch die so genannte Entwicklungsphasenförderung von TRAFO ermöglicht: Im Rahmen dieser Förderung muss kein vordefiniertes Ergebnis erreicht werden. So können im Prozess sowohl Bedürfnisse der Kulturakteure als auch notwendige Handlungsspielräume in den Verwaltungen berücksichtigt werden.
Im ersten Entwicklungsjahr wählte jede Region eine externe Prozessbegleitung, die bei der Stellenprofilierung, bei Bedarfsanalysen und bei strategischen Überlegungen unterstützten. Bei regelmäßigen Terminen konnten sich die Regionalmanagerinnen Kultur und Prozessbegleitungen aller Regionen zudem zum Projektfortschritt austauschen und offene Fragen diskutieren.
Das Pilotprojekt wurde während dieser Entwicklungsphase wissenschaftlich begleitet. Die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Begleitung durch Dr. Patrick S. Föhl (Netzwerk Kulturberatung) und Dr. Yvonne Pröbstle (Agentur Kulturgold) bilden die Grundlage für die Publikation „Regionalmanager*in Kultur. Kulturarbeit in ländlichen Räumen – Handreichung zu einem neuen Aufgabenprofil“. Die Publikation wirft einen Blick auf die konkrete Situation der Regionalmanager vor Ort. Sie stellt die Personen und ihre Aufgabenprofile vor und zeigt, wie vielfältig das Tätigkeitspektrum und die Anforderungen sind. Übersichten, Tipps und Exkurse bieten praxisorientierte Methoden und Lösungsansätze. Empfehlungen zur nachhaltigen Implementierung des Stellenprofils, weiterführende Links und Kontaktdaten zu den Projektbeteiligten ergänzen die Handreichung.