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Zukunft wird aus Mut gemacht

Der demografische Wandel ist die große Herausforderung für die Kulturvereine im Saarland. Eine Aufgabe, die sie mutig angenommen haben, betont Bildungs- und Kulturministerin Streichert-Clivot. Was es noch braucht, sind neuartige Angebote, bessere kommunale Strukturen und mehr Vertrauen der Vereine, die eigene Sache in der Öffentlichkeit zu vertreten.

Frau Streichert-Clivot, das Saarland hat eine sehr reiche und lebendige Vereinsszene. Wie können sich diese Vereine angesichts des demografischen Wandels auch in der Zukunft behaupten?
Christine Streichert-Clivot: Unsere Vereine – vor allem natürlich auch die Kulturvereine – fit für die Zukunft zu machen, ist mir ein wichtiges Anliegen. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Die finanzielle Ausstattung ebenso wie die gesellschaftliche Anerkennung oder das Engagement der Mitglieder. Und eben auch das Berücksichtigen der demografischen Entwicklung. Darauf einzugehen, heißt auf der einen Seite, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen attraktive Angebote zu machen, und auf der anderen Seite, gerade auch auf ältere Menschen mit passgenauen Angeboten zuzugehen. Das funktioniert in unserer vielfältigen Vereinslandschaft schon gut – aber sicher nicht überall perfekt. In unseren Chören und Orchestern musizieren Kinder gemeinsam und neben ihren Großeltern; in den dorfkulturellen Vereinen sind Seniorinnen und junge Erwachsene unterwegs. Das generationenübergreifende Miteinander ist ein entscheidender Faktor. Wichtig ist auch, offen zu sein. Die Menschen wechseln heute häufiger den Wohnort. Das heißt, Vereine müssen nach außen signalisieren, dass beispielsweise auch zeitlich begrenztes Engagement in Projekten und neue Nachbarn willkommen sind. Vereine müssen ansprechbar sein, auch online. Viele Vereine haben sich schon auf diesen Weg gemacht, ich denke, wir können positiv in die Zukunft blicken.

Wie kann die öffentliche Hand, das Land, die Landkreise und Gemeinden, die Kulturvereine noch besser unterstützen?
Streichert-Clivot: Natürlich sind für die Kulturvereine zunächst die Kommunen zuständig. Sie müssen in die Lage versetzt werden, in ihre Vereine zu investieren. Die kommunalen Akteure sind sich der kulturellen und gesellschaftlichen Bedeutung von Vereinen bewusst. Denn kulturelle Angebote vor Ort sind die Keimzelle des gesellschaftlichen Miteinanders. Ich hätte mir auf Bundesebene eine Lösung für die kommunalen Altschulden gewünscht. Im Saarland kämpfen viele Kommunen nun einmal mit einer erdrückenden Schuldenlast, die in ‚freiwilligen‘ Bereichen wie Kultur nur geringe Spielräume lässt. Deshalb kommt es auch auf das Land an. Wir arbeiten daran, die Verbände, die die Vereine der Breitenkultur vertreten, in die Lage zu versetzen, für ihre Sache einzustehen. Die Professionalisierung der Verbände in der Imagebildung und PR, im Lobbying und auch in der eigenen Multiplikatorenausbildung liegt mir sehr am Herzen.

Der Saarpfalz-Kreis verknüpft im Rahmen des TRAFO-Projekts Kultur+ die Kulturentwicklung in der Region mit seiner Demografiestrategie. Der Landkreis setzt dabei auf eine enge Abstimmung mit den Gemeinden und darauf, bestehende
Ressourcen besser zu nutzen und zu teilen. Wie bewerten Sie in diesem Zusammenhang die angestoßenen Transformationsvorhaben?

Streichert-Clivot: Ich glaube, dass das ein zukunftsweisender Weg ist. Ziel ist es ja, gemeinsam ein Netzwerk und stabile Strukturen zu schaffen, in denen die Kulturakteurinnen langfristig zusammenarbeiten. So soll die kulturelle Infrastruktur passgenauer auf die konkreten Bedürfnisse der Menschen in der Region ausgerichtet werden. Das wird unterstützt durch die Zusammenarbeit über Verwaltungsgrenzen hinweg. Solche lokalen Bündnisse vor Ort mit professioneller und politischer Unterstützung funktionieren gut. Die Arbeit im Saarpfalz-Kreis ist da beispielhaft.

Was sind aus Ihrer Sicht die Potenziale eines zentralen Kulturbüros im Saarpfalzkreis? Braucht es wieder mehr solcher Ansprechpartner für die Kultur in den ländlichen Regionen?

Streichert-Clivot: Das kommt sicher darauf an, wie man die Aufgabe eines solchen Kulturbüros definiert. Es kann nicht um eine politische Lenkung von Kultur gehen. Denn das entspricht nicht meiner Vorstellung von kultureller Freiheit. Diese Freiheit macht den Reiz von Kultur ja gerade aus, es geht um Selbstverwirklichung und Selbstwirksamkeit. Wenn es aber darum geht, einen Ansprechpartner oder eine Moderatorin zur Bildung von Netzwerken zu haben, dann ist ein solches Kulturbüro eine sehr gute Idee. Den Vereinen zu helfen, ganz individuell auf Basis der jeweils vorhandenen Möglichkeiten, Ideen und Projekte zu entwickeln, die weiterhelfen – das ist eine Perspektive!

Was können andere Landkreise vom Saarpfalz-Kreis lernen?
Streichert-Clivot: Nach meinem Empfinden passiert bei den Vereinen im Saarland gerade überall recht viel. Das unterstützen wir als Land gezielt, zum Beispiel mit der Professionalisierung der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur. Das TRAFO-Projekt hat im Saarpfalz-Kreis dazu beigetragen, dass manche Herausforderungen früh benannt und Lösungsansätze effektiv erarbeitet werden konnten. Die Verbindung von Netzwerk und Demografie, die professionelle Unterstützung von Vereinen auf der lokalen Ebene, das ist ein Modell für das ganze Saarland.