Regionen

Ein Partner für die Kultur
Mark Herzog

In der Saarpfalz gibt es immer weniger Menschen. Was das für die Kultur bedeutet und wie sich die Verwaltung des Saarpfalz-Kreises zu einem Moderator entwickelt, der dabei hilft, langlebige Infrastrukturen aufzubauen, beschreibt Mark Herzog, Leiter des TRAFO-Projekts Kultur+ im Saarpfalz-Kreis.

Es ist eine Tatsache, vor der wir die Augen nicht verschließen können: Seit 1995 sinkt die Bevölkerungszahl im Saarpfalz-Kreis. Von 158.477 auf heute 143.600 Menschen. Bis 2030 ist ein Rückgang auf 128.990 prognostiziert.

Der Bevölkerungsrückgang trifft auch die rund 1.200 Vereine. In Gersheim zum Beispiel kommen auf 1.000 Einwohnerinnen rund 17 Vereine. Das ist der höchste Wert in Deutschland.

Für diese Vereine sind zusätzlich die knappen kommunalen Kassen ein Problem. Im Landkreis stehen fünf von sieben Kommunen in der Haushaltssicherung, sind sogenannte Sanierungskommunen. Wenn in den Kommunen gekürzt wird, trifft es immer auch die Vereine. Obwohl gerade sie die Gemeinschaft in ländlichen Regionen stärken.

Beide Entwicklungen verändern die Anforderungen an Vereine und Kultureinrichtungen und stellen uns als öffentliche Verwaltung vor neue Aufgaben. Daher haben wir das Konzept von Kultur+ entwickelt.

Das Projekt ist Teil der Stabsstelle zur Gestaltung des gesellschaftlichen und demografischen Wandels. Unter dem Dach des Demografiepaktes, der von allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern der kreisangehörigen Kommunen sowie dem Landrat 2015 unterzeichnet wurde, geht es darum, durch unterschiedliche Anreize eine Weiterentwicklung von Kultureinrichtungen und eine nachhaltige Strukturbildung anzuregen.

Sich kennenlernen

Dazu haben wir zunächst eine Bedarfsanalyse gemacht, um herauszufinden wo und wie die Menschen Kultureinrichtungen und Vereine nutzen. Dabei waren Runde Tische ein wichtiges Instrument. Dort haben Bürger erzählt, was gebraucht wird und wie sich das Kulturangebot ändern soll. Die Tische stellten ein Forum dar, um über Ideen ins Gespräch zu kommen und um Gleichgesinnte kennenzulernen.

Wir haben schnell festgestellt, dass es bei uns kaum noch hauptamtlich geführte Kultureinrichtungen gibt. Und dass bei uns die kulturtreibenden Vereine wie Musikkapellen oder Theatergruppen das soziale Leben im Dorf tragen. Um diesen Vereinen zu helfen, wollen wir ihre ehrenamtlichen Strukturen stärken und spartenübergreifend Kooperationen anregen, zwischen Vereinen und Verwaltungen, aber auch Schulen oder Volkshochschulen. Die Idee dabei: Die kulturelle Arbeit soll durch Dialog und Austausch dauerhaft gestärkt werden.

Veränderung gestalten

Die Aufgabe der Kulturverwaltungen hat sich in diesem Prozess verändert. Wir fördern weniger einzelne Einrichtungen und temporäre Projekte, sondern sind viel stärker Vermittlerinnen und Moderatoren. Wir versuchen Infrastrukturen bereit zu stellen oder noch besser, auch wenn das Wort sperrig klingt: Ermöglichungsstrukturen. Dafür suchen wir Kompetenzen, die im Saarpfalz-Kreis vorhanden sind, aber bisher noch nicht ausreichend aktiviert sind. Unser Büro haben wir daher „Möglichmacherei“ genannt.

Dazu ein Beispiel: Wir haben festgestellt, dass sich viele Familien, Schulen und Musikvereine eine stärkere Zusammenarbeit wünschen, etwa durch die Einrichtung von sogenannten Musikklassen. Musikinstrumente sind dabei neben den Lehrkräften ein entscheidender Kostenpunkt, der bisherige Kooperationen verhindert hat. Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass viele ungenutzte Instrumente in privaten Kellern und auf Dachböden lagern und durchaus eine Bereitschaft dafür da wäre, die Instrumente zu spenden. Wir haben also damit begonnen, einen Instrumentenpool aufzubauen. Das heißt, wir sammeln Instrumente, reparieren, versichern, lagern und verleihen sie kostenlos an Vereine oder Schulen. Wir konnten so Kindern ein Instrument zur Verfügung stellen, deren Eltern sich das nicht leisten können oder haben an einer Grundschule eine ganze Bläserklasse eingerichtet.