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Ein Tisch, viele Stimmen
Heike Hammer-Geries

Der Stammtisch im Jacobson-Haus wandert von Ort zu Ort. Er holt die Nutzer des Hauses wie die Jugendfreizeitstätte, den Blasmusikverein, das Kulturbüro der Stadt Seesen und die Stadtbibliothek an einen Tisch und ist für Gäste offen. Über die Organisation, Erwartungen und Erfahrungen berichtet Heike Hammer-Geries, die den Kreativstammtisch leitet.

Stammtische funktionieren nach zwei ungeschriebenen Gesetzen: Ob Skatverein oder Bürgerinitiative, die Mitglieder treffen sich meistens am selben Ort und an einem festgelegten Wochentag. Unser Stammtisch im Jacobson-Haus funktioniert anders: Wir suchen uns mit unserem Stammtisch immer wieder neue Orte. Fast alle Nutzerinnen des Jacobson-Hauses waren schon einmal Gastgeberinnen und haben bei dieser Gelegenheit ihren Verein vorgestellt. Außerdem wandern wir durch die Wochentage, damit viele Menschen die Möglichkeit haben, am Stammtisch teilzunehmen.

Unsere ursprüngliche Idee war es, die Menschen des Jacobson-Hauses zusammenzubringen. Die Nutzer hatten teilweise seit dreißig Jahren „ihren“ Raum im Haus in eine Art „Vereinswohnzimmer“ verwandelt, ohne dabei mit anderen Gruppen im Haus in Kontakt zu kommen. Das wollten wir ändern und das Nebeneinander in ein Miteinander verwandeln. Mittlerweile nehmen nicht nur die Nutzerinnen des Hauses, sondern auch Kulturakteure, Vereinsvertreter und Politikerinnen am Stammtisch teil. Auf Wunsch werden alle Interessierten in unseren Einladungsverteiler aufgenommen. Die Termine werden zudem bei Facebook, auf der Homepage des Jacobson-Hauses und in der Tageszeitung veröffentlicht. Und natürlich können Menschen auch einfach so vorbeikommen.

Neben Getränken und Knabbereien bieten wir bei unserem Stammtisch vor allem drei Dinge: Wir wollen die Neugier auf die Projekte und Veranstaltungen des Jacobson-Hauses wecken und darüber informieren. Aus den laufenden Projekten berichten die Aktiven selbst. Zudem wollen wir weitere gemeinsame Aktivitäten entwickeln und Interessierte gewinnen: Was ist in letzter Zeit passiert, welche Projekte stehen an, welche Anregungen gibt es, wer möchte sich einbringen? Wichtig ist der informelle Austausch, das Netzwerken, das meist am Ende des Stammtisches stattfindet.

Der Jacobson-Tag und Kreativ-Stammtisch

An einem der ersten Stammtische wurde die Idee des Jacobson-Tages geboren. Das Haus gibt an diesem Tag den Rahmen, in dem sich Kulturakteure und Vereine, die sich aktiv beteiligen möchten, wiederfinden und Lust bekommen, die Räume des Hauses mit eigenen Aktivitäten zu bespielen. Zur Vorbereitung dieses Tages findet der Stammtisch dann öfter statt und wird zur Organisationsplattform. Normalerweise treffen wir uns drei- bis viermal pro Jahr in unregelmäßigen Abständen.

Manchmal wird der Stammtisch auch zum Workshop: So startete ein Gestaltungsprojekt mit Studierenden der HAWK Hildesheim mit einem Kreativ-Stammtisch, zu dem die Teilnehmer eingeladen waren, das Haus mit anderen Augen und aus ungewohnten Perspektiven wahrzunehmen. Ein weiterer Kreativ-Stammtisch im Frühjahr 2019 mit der Künstlerin Antje Schiffers hat nach Inhalten und charakteristischen Begrifflichkeiten geforscht, die an den Wänden des Hauses dargestellt werden sollen. Im Sommer fand mit allen Interessierten eine Sichtung und Auswahl der entstandenen Entwürfe statt. Antje Schiffers wird die gemeinsam ausgewählten Motive nun auf die Wände im Jacobson-Haus malen.

Unser Stammtisch ist kein Selbstläufer – kein fester Ort, kein fester Tag – deshalb braucht es eine verantwortliche Person, die sich kümmert, die Termine festlegt, Inhalte vorbereitet und nicht zuletzt die Leute zum Mittun einlädt. Im Jacobson-Haus haben wir das Glück, dass wir auf hauptamtliche Strukturen zurückgreifen können. Unser Stammtisch hat verlässliche Ansprechpartnerinnen. So lassen sich viele Angelegenheiten schnell und unkompliziert erledigen.