Die Zusammenarbeit öffentlicher Kultureinrichtungen mit Initiativen und Vereinen auf dem Land kann vor allem dort eine Zukunftsaufgabe sein, wo Angebote der Breitenkultur schwinden. Wie können sie das kulturelle Leben in ländlichen Regionen gemeinsam gestalten? Welche Gesprächskultur, welches Verständnis muss zwischen den potenziellen Partnern wachsen – und braucht es dafür einen Perspektivwechsel? Die Kulturwissenschaftlerin Beate Kegler nähert sich in ihrem Beitrag den neuen Wegen, die Kultur auf dem Land gehen kann, unter anderem am Beispiel des TRAFO-Projekts auf der Schwäbischen Alb.
Zwischen Impulsen und neuen Wegen
"Ein Kunstprojekt hier im Dorf? Das brauchen wir wirklich nicht. Wir haben hier Kultur genug. Und heute Abend geht gar nicht, da muss ich zur Probe im Posaunenchor." (Gespräch im Dorfladen, 2020)
Festgehalten wurde diese Aussage, die stellvertretend für Erfahrungen aus diversen Kulturprojekten urbaner Prägung steht, im Rahmen der prozessbegleitenden Evaluation des in TRAFO und LEADER geförderten Kulturprojekts Heimatkarawane (vgl. Kegler/Bill 2020) beim Gespräch in einem Dorfladen auf der Schwäbischen Alb. Und in der Tat gelang nicht alles, was in diesem ehrgeizigen diversitätsbasierten Projekt geplant worden war. Das Konzept indes fand große Beachtung und wurde gar für den europäischen AMATEO Award Preis des European Network for Active Participation in Cultural Activities.1 nominiert. Das bedeutendste Ergebnis war jedoch ein umfassender Paradigmenwechsel der Projektakteurinnen selbst. Dieser wurde durch das Erleben eines grandiosen Scheiterns zu Beginn des Projekts ausgelöst, wodurch das Team gezwungen war, sich auf neue und unbekannte Wege einzulassen: von den gastgebenden Experten zu interessierten Gästen zu werden, die viel lernen durften von dem, was Kultur im Dorf bedeuten kann. Die Erfahrung war ausschlaggebend für ein Umdenken und eine neue Ausrichtung des Vorgehens, die damit – trotz aller pandemiebedingten Herausforderungen –zum umfassenden Erfolg des Projekts führten.
Aufgebrochen war das Team aus Künstlerinnen und Kulturvermittlern diverser Herkunftsländer mit dem Ziel, in sechs ländlichen Orten Einheimische und Zugezogene für inter- und transkulturelle Ansätze zu sensibilisieren sowie regionalentwicklungsfördernde Potenziale des dorf- und spartenübergreifenden Miteinanders erfahrbar zu machen. Die geplanten Workshopveranstaltungen des Kulturprojekts „Heimatkarawane“ schienen perfekt auf die Dörfer zugeschnitten. Und tatsächlich deuteten die ausgiebigen Recherchen zur kulturellen Situation dort bereits im Vorfeld auf einen großen Bedarf an neuen Impulsen, kulturellen und diversitätsgeprägten Aktivierungsansätzen hin. So wurden ein niedrigschwelliges und teilhabeorientiertes Format mit regionalem thematischem Bezug und ein passgenaues Workshopmodell entwickelt; das hochmotivierte internationale Team wurde für die besonderen Herausforderungen gebrieft. Nach ersten erfolgreichen Veranstaltungen reiste das Team in eines der abgelegeneren Dörfer der Schwäbischen Alb. Vorangegangen war eine intensive Informationskampagne, die relevanten Schlüsselpersonen waren persönlich einbezogen worden, Plakate, Flyer und Fahnen kündigten die kostenlose Veranstaltung an. Kurz vor Beginn des ersten Workshoptages stand auch hier ein liebevoll zubereiteter Willkommensimbiss bereit, die Türen zum Festsaal wurden pünktlich geöffnet: Und keiner kam. Ein Albtraum auf der Alb? Voraussehbar? Oder doch eine Ausnahme?
Die Veranstaltung endete nach einem vollkommen unerwarteten Verlauf letztlich doch noch ausgesprochen erfolgreich. Die Kehrtwende kam durch die Gastfreundschaft der Dorfbewohnerinnen selbst zustande, die das verdutzte Team einluden, statt des Workshops ihren Ort auf verborgenen Wegen zu entdecken und hinter die Kulissen des Dorfes zu schauen. Irgendwann entstand dabei die Idee des gemeinsamen Brotbackens im örtlichen Backhaus. Der irakische Bäckermeister unterstützte das Vorhaben, das internationale Team steuerte Backrezepte bei, es wurde gesungen, gelacht, getanzt, musiziert, kleine Theaterszenen im interkulturellen Miteinander entwickelt und viele Gespräche geführt. 40 Stunden nach dem irritierenden Start feierten rund 50 Bewohneren zwischen 3 und knapp 98 Jahren zu schwäbisch-arabischen Klängen, präsentierten einander die künstlerisch-kulturellen und auch kulinarischen Ergebnisse ihrer inter- und transkulturellen Beschäftigung mit dem Heimatbegriff und heckten Pläne für zukünftiges Miteinander aus.
Der musikalische Leiter des Projektes Bernhard König fasst diese Erfahrung wie folgt zusammen: "Entscheidend für dies alles war, dass wir unsere geplante Dramaturgie und mit ihr auch die Rolle des Gastgebers hinter uns ließen, uns selbst auf den Weg machten und zu Gästen wurden, die sich zu Fuß von Schauplatz zu Schauplatz bewegten. Die Kombination aus diesen beiden Erlebnissen und dem für mich ansonsten durchaus frustrierenden Nicht-Erreichen der örtlichen Kulturträger führt mir im Rückblick vor Augen, dass derartige Projekte so wenig wie möglich Top-down gedacht werden sollten. Das Wissen darum, dass man von außen kommt und mit dem eigenen Angebot in fremder Umgebung zu Gast ist, muss ein zentraler konzeptioneller Ausgangspunkt sein. Andernfalls läuft man Gefahr, als ungefragter und uneingeladener Gast wahrgenommen zu werden, der fremde und befremdliche Angebote in ein kulturelles Biotop zu implementieren versucht, das in der Selbstwahrnehmung der örtlichen Kulturträger*innen hervorragend funktioniert." (König 2020)
Kulturleben in ländlichen Räumen
Laut Thünen-Institut leben 57 Prozent der Bevölkerung in Deutschland (ca. 47 Millionen Menschen) in ländlichen Räumen (Küpper/Milbert 2020). Ebenso vielfältig wie die Lebensbedingungen unterschiedlicher ländlicher Räume und der damit einhergehenden gesellschaftlichen Transformationsprozesse sind die kulturellen Angebote und Aktivitäten, Kulturakteure und strukturellen Gegebenheiten. Gemeinsam ist den ländlichen Räumen meist ein Weniger an öffentlich finanzierten Kulturbetrieben, die sich in der Regel in urbanen Zentren und Metropolen befinden und von dort – im besten Fall – eine Strahlwirkung auf die umliegenden ländlichen Räume entfalten können.
Wer sich aufmacht, vor Ort zu erforschen, was Kunst und Kultur in ländlichen Räumen sein kann und ist, wird überrascht von der hohen Dichte künstlerischer und kultureller Teilhabeangebote. Im eingangs beschriebenen Beispiel erfuhren wirAnm. der Redaktion: Die Autorin Dr. Beate Kegler vom Institut für Kulturpolitik der Stiftung Universität Hildesheim begleitete das Projekt "Heimatkarawane" wissenschaftlich. Den Link zu ihrer Begleitstudie "Sodele Habibi" finden Sie unter diesem Beitrag.2 von mehr als 40 Vereinen und unzähligen Initiativen, die das Miteinander aktiv beleben, aushandeln und gestalten. Hier wie in nahezu allen dörflichen Gemeinschaften waren die meisten Ortsbewohnerinnen in mehreren dieser gemeinwesenfördernden und generationsübergreifenden Vereinen aktiv. Die Breitenkultur spielt dabei generell eine zentrale Rolle. Von der großen Freilichtbühne zum kleinen Mundarttheaterensemble, vom Gospelchor zum Männergesangsverein, vom Spezialmuseum zur Heimatstube – die Vielfalt ist groß. Immer wieder geht es um die Einbeziehung lokaler Narrative, manche verfolgen dabei tradierte, andere wagen aber auch neue Wege. Ihnen gemeinsam ist die große Expertise in der Aktivierung ehrenamtlicher Akteure. Auch wenn vor allem die aktive Teilhabe vor Ort und ein lokales Publikum erreicht wird, können einzelne Akteure wie beispielsweise die Freilichtbühnen als große Tanker unter den AmateurtheaternDie Freilichtbühne Ötigheim beispielsweise verkauft außerhalb von Pandemiezeiten mit ihren durchaus anspruchsvollen Open-Air-Aufführungen bis zu 100.000 Tickets pro Jahr für die Aufführungen, die von rund 600 ehrenamtlich Aktiven aus der ländlichen Region vor, hinter und auf der Bühne realisiert werden (vgl. https://www.volksschauspiele.de/; Kegler 2018a/b)3 durchaus beachtliche Publikumswirksamkeit und überregionale Teilhabebedeutung entfalten. Daneben haben die Freie Künstlerinnenszene, Soziokultur und die Festivalkultur längst Eingang in die ländlichen Lebenswelten gehalten und ganz eigene Formate entwickelt. Aber auch die Kirchen mit ihren diversen aus dem Gemeindeleben entstandenen Kulturangeboten stellen nach wie vor eine nicht zu unterschätzende Angebotspalette bereit.
Allerdings – und auch das unterscheidet die urbane von der ländlichen Kulturszene – gibt es nicht überall alles und nicht überall das Gleiche. In dieser kulturellen Biodiversität gedeihen Gänseblümchen und seltene Orchideen; Bodenständiges und Außergewöhnliches zugleich. Verbreiteter als in urbanen Kulturszenen scheint insbesondere in der ländlichen Breitenkultur die Notwendigkeit und damit der Wille zur Selbstorganisation und Ermöglichung der Vorhaben durch eigene Kraft der Vereinsmitglieder zu sein. Verbreitet ist allerdings auch das Gefühl der Überforderung durch bürokratische Hürden und systemische Gegensätze im Umgang mit Verwaltungsanforderungen. Anders als in den Mittel- und Oberzentren sind die kulturpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten in der Regel durch schmale Budgets eingeschränkt, es fehlt vielerorts aber auch an Gestaltungskompetenzen und – wechselseitig bedingt – durchaus hier und da auch an einem entsprechenden Gestaltungswillen, sofern es entsprechende kommunale Ressorts und klare Zuständigkeiten für Kulturbelange in den kleineren Gemeinden und Gemeindeverbänden überhaupt gibt (vgl. Götzky 2013, Kegler 2020).
„Wie wollen wir miteinander leben?“
Aus der Historie des Dorfes und seiner einstmals überwiegend agrarisch strukturierten Sozialgemeinschaften lassen sich gute Gründe für diese Phänomene finden. Um ein möglichst reibungsloses Miteinander innerhalb der arbeitsteiligen agrarischen Prozesse einzuüben und dauerhaft zu gewährleisten, galt es, das gemeinschaftliche Agieren zu rhythmisieren und als eine intrinsische Einheit aufzutreten – unabhängig vom Alter oder Bildungsstand der Mitglieder dieser Gemeinschaft. Jahreszeitliches Brauchtum und Feste, chorisches Singen und Musizieren trugen beispielsweise zu dieser Rhythmisierung bei, die Amateurtheater brachten auf die Bühne, was die Dorfgemeinschaft bewegte, irritierte und erfreute.Die größten Lacher im urbanen „No-Go“, dem Bauernschwank, waren und sind vielerorts bis heute dort zu erwarten, wo ein als gesellschaftlicher Regelverstoß verstandenes Verhalten auf der Bühne zur Schau gestellt wurde. (vgl. Kegler 2019).4 Die gemeinsame Gestaltung des „Wie-wollen-wir-hier-miteinander-leben“ als Fundament aller breitenkulturellen Kulturaktivitäten war im Dorf selbstverständlich und selbstverständlich ehrenamtlich – seit jeher und weltweit. Diese Landlebensgestaltung „verwalten“ oder „bezahlen“ zu lassen, womöglich kulturpolitisch steuern zu lassen? Undenkbar!
Bis heute prägen diese systemisch bedingten Entwicklungen, gerade in entlegeneren ländlichen Räumen und kleinen Sozialgemeinschaften, das kulturelle Denken und Handeln. Kultur als zu förderndes Politikfeld zu denken oder gar als top-down-Prozess kulturpolitischer Entscheiderinnen zu organisieren, passt nicht zum Selbstverständnis. So mag zu erklären sein, warum urbane Kunstbeglückungsirritationen oder auch wohlgemeinte Kulturentwicklungsplanungen „von oben“ scheitern, selbst wenn sie an ausgewählten Stellen partizipative Formate vorsehen. Oder anders gesagt: In kleinen ländlichen Systemen werden Irritationen – auch wenn sie als Kunst aufs Dorf gebracht – im Allgemeinen als Störung oder gar Gefährdung des Miteinanders empfunden werden, in großen Systemen ist der permanente Umgang mit Vielfalt und Neuem dagegen systemimmanent, Irritationen wirken hier durchaus impulsgebend (vgl. Baecker 2018). So mag auch das vermeintliche Scheitern des eingangs beschriebenen Projekts seine Kehrtwende aus einem Paradigmenwechsel erhalten haben, der sich in einer Umkehr der Haltung zu den Einwohnern im Dorf als fruchtbar erwies. Dem Kennenlernen und Kümmern, Kaffee und Kuchen mit Interesse an dem, was die Gemeinschaft bereits ausmacht, wurde eine zentrale Rolle im kulturellen Prozess zuerkannt. Und es wurde wahrgenommen, dass lebendige Kulturarbeit dann erfolgreich wird, wenn sie den Menschen und die Aushandlung des Miteinanders ins Zentrum stellt.
Einzelakteure als Impulsgebende
In ländlichen Räumen, in denen sich eine lebendige Breitenkultur erhalten konnte, wo deren Netzwerkerinnen vor Ort geblieben sind und noch über genügend Energie und Gestaltungskraft verfügen, um die Netzwerke aktiv zu halten, beeinflusst das kulturpolitische Vakuum das kulturelle Miteinander wenig. Schwierig wird es allerdings dort, wo diese zentralen Kulturgestalter abwandern oder aus Altersgründen ausscheiden, ohne eine adäquate Nachfolge gefunden zu haben. Da scheint es auf der Hand zu liegen, dass Kunst- und Kulturschaffende, die es aufs Land zieht, im Gepäck professionelles Rüstzeug und Kontakte, diese Rolle der Gestalterinnen und Netzwerker übernehmen können. Und tatsächlich finden sich spannende Beispiel gelingender (Re-)Vitalisierung ländlicher Räume dort, wo Kunst- und Kulturakteurinnen mit großer Nähe zu den Menschen vor Ort agieren, eng an lokalen Narrativen orientiert sind und bestehende Netzwerke kennenlernen und behutsam erweitern. Wenn soziokulturelle Akteure im Erzgebirge dazu beitragen, dass alte Handwerksmeisterinnen gemeinsam mit Jugendlichen DIY-Videos im Stil von YouTube-Tutorials drehen (hier der Trailer zum Filmworkshop "Kulturerbe reloaded"), wenn das Forum Heersum ein fiktives historisches Erlebnis humorvoll und unter Beteiligung zahlreicher Menschen der Region als Landschaftstheater in der Region präsentiert oder ein professioneller Musiker mit pfiffigen Ideen und großer Nähe zu den Dorfbewohnern im Kleinstdorf Stelzen die "Stelzenfestspiele bei Reuth" als regionales Kulturerlebnis organisiert, dann funktioniert dies alles, weil sich engagierte Menschen mit ihrer Profession, großem Engagement, ja Herzblut dieser Aufgabe stellen. Die meisten dieser Kunst- und Kulturschaffenden sind Einzelakteurinnen oder arbeiten in kleinen Akteursgemeinschaften, die auf zusätzliche Einnahmen durch Nebenjobs angewiesen sind. Eine stabile Existenzsicherung aus institutionellen Fördermitteln als Rückhalt für diese gesellschaftsgestaltende Arbeit sucht man auf dem Land vergebens. Den Kommunen fehlen schlicht die Mittel zuweilen aber auch das Wissen um die Potenziale dieser Projektaktivitäten für die regionale Entwicklung. Aufgrund der weiten Wege und der Notwendigkeit, andere Einkommensquellen als die Kultur zu erwirtschaften, fehlen neben den monetären auch die zeitlichen Ressourcen für Weiterbildungen oder Lobbyarbeit. Noch gibt es vielerorts Künstlerinnen, die sich dieser Aufgabe dennoch hochmotiviert stellen. Doch ein umfassender Generationenwechsel dieser Szenen zeigt auch, dass die Bereitschaft bei den gut ausgebildeten jungen Kunst- und Kulturschaffenden sinkt, sich unter dermaßen prekären Bedingungen für die Kultur in ländlichen Räumen zu engagieren (Rehberg 2021).
Eine neue Aufgabe für regionale Kultureinrichtungen
Es mag naheliegen, Beiträge zur kulturellen Vitalisierung und eine Übernahme kultureller Bildungsaufträge für ländliche Räume auch bei den öffentlich geförderten Kulturinstitutionen der ländlichen Regionen und ihrer angrenzenden urbanen Zentren zu sehen. Und ganz so neu sind diese Ideen nicht. Die Landestheater sind ein Beispiel für eine seit Jahrzehnten praktizierte kulturelle Umlandversorgung (vgl. Schneider/Schröck/Stolz 2019). Mobile Bibliotheken oder dezentrale Kurssysteme von Musik- oder Volkshochschulen entspringen ähnlichen Ansätzen – auch wenn sie die Menschen in sehr weit entfernten ländlichen Räumen und ein Community Building, im Sinne einer Ermöglichung und Steigerung der regionalen Gestaltungskraft, nur punktuell erreichen. Was hier bislang aber fehlt, ist genau das, was die Breitenkultur über Jahrhunderte verstand: die persönliche Nähe zu den Menschen und die Bezogenheit auf das Gemeinwesen. Im Kern steht ein in der Freien Szene schon längst eingeläuteter Paradigmenwechsel der Kulturarbeit in ländlichen Räumen. Gelingende Projekte und kontinuierliche Kulturarbeit in ländlichen Räumen setzen darauf, Menschen zusammenzubringen, die im spielerischen Rahmen ihr Miteinander aushandeln, gemeinsame Prozesse eingehen wollen, die zu einem ebenso gemeinsam gestalteten Ziel führen, das es irgendwann gemeinsam zu feiern gilt.
Was noch weitestgehend fehlt, ist das Ausweiten solcher Rezepte auch auf öffentlich geförderte Kulturinstitutionen. Sie sollten als Mittel der Regionalentwicklung durch die kommunale Kulturpolitik und Kulturverwaltung verstanden werden, und zwar gemeinsam mit allen, die die jeweilige Lokal- oder Regionalgesellschaft bilden. Dass diese Prozesse ganz sicher nicht reibungslos verlaufen, erklärt sich allein durch die unterschiedlichen systemischen Selbstverständnisse von Politik, Verwaltung und kulturell-künstlerischer Praxis. Wo sich die Akteure auf diese Herausforderungen einstellen und sich bestmöglich dabei professionell begleitet lassen, könnte es gelingen, Potenziale der beteiligten Akteurinnen zu bündeln und das Miteinander vor Ort ins Zentrum der Kunst und Kultur zu stellen. Klingt anstrengend? Ist es sicherlich auch. Vielleicht sind aber auch hier die „4 K’s“ der Breiten- und Soziokultur in ländlichen Räumen, das Kennenlernen, Kümmern, Kaffee und Kuchen inklusive einer Prise Humor, viel Zeit und eine interessierte Wertschätzung für das, was bereits existiert, grundlegende Zutaten gelingender und zukunftsweisender Prozesse.
Erschienen am 13.04.2022.