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Regionalmanager*in Kultur Baden-Württemberg
Interview mit Kunststaatssekretärin Petra Olschowski

Das Pilotprojekt Regionalmanager*in Kultur wurde 2019 vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gemeinsam mit TRAFO im Rahmen des Modellvorhabens Lernende Kulturregion Schwäbische Alb gestartet. In sechs teilnehmenden Regionen entwickeln Regionalmanager*innen Kultur das Kulturangebot durch strategische Beratung und Vernetzung weiter. Im Interview erläutert Petra Olschowski, Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, wo und wie die Koordinierungsstellen strukturell verortet sind und gibt Einblicke in die Aufgabenfelder und den Entwicklungsprozess des neuen Stellenprofils.

Frau Olschowski, was sind aus Ihrer Sicht die Hauptaufgaben der Regionalmanager*innen Kultur? Woran fehlte es bislang in den ländlichen Regionen?
Petra Olschowski: Die Idee der Netzwerkstellen hat sich aus den Gesprächen mit Kulturschaffenden, Vereinen und Verbänden entwickelt, mit denen wir durch TRAFO und unseren landesweiten Dialogprozess „Kulturpolitik für die Zukunft“ im intensiven Austausch standen. Es hat sich gezeigt, dass ein spannendes und zeitgemäßes Kulturangebot in ländlichen Räumen nur möglich ist, wenn es gute Rahmenbedingungen gibt. Kleine Einrichtungen und ehrenamtliche Akteure bewegen sich oftmals an der Belastungsgrenze und benötigen eine verlässliche Unterstützung, um auch neue Angebote und Formate entwickeln zu können. Die Regionalmanagerinnen und Regionalmanager Kultur können sie in ihrer Arbeit begleiten, indem sie bei Fragen zu Genehmigungen oder Förderungen beraten oder Kontakte zu anderen Akteuren knüpfen.

Das Pilotprojekt Regionalmanager*in Kultur ist 2019 in sechs Landkreisen und kommunalen Verbünden gestartet. Worin liegen die Vorteile, möglicherweise aber auch die Herausforderungen, solche regionalen Netzwerkstellen bei den Landkreisen anzusiedeln?
Olschowski: Bei der Frage nach der Verortung der Stellen waren uns verschiedene Punkte wichtig: Die Regionalmanagerinnen und Regionalmanager Kultur sollen vor allem dort wirken, wo es kein kommunales Kulturamt gibt. Sie sollen die Bedarfe in der Region und die wichtigsten Einrichtungen und Schlüsselpersonen kennen, aber auch eine überregionale und spartenübergreifende Sichtweise und neue Themen einbringen. Bei ihrer Arbeit an der Schnittstelle zwischen Kultur und Verwaltung sollten sie sowohl von den kulturellen Akteuren als auch von den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern ernst genommen werden.

All diese Punkte können durch die Einrichtung der Stellen bei den Landkreisverwaltungen erfüllt werden. Glücklicherweise waren viele Landkreise bereit, diese Aufgabe zu übernehmen und damit vor allem kleine Gemeinden zu unterstützen, die diese Leistungen nicht erbringen können.

Im ersten Entwicklungsjahr wurden die Regionen bei der Einrichtung der Netzwerkstellen durch externe Prozessbegleiter unterstützt. Warum braucht es so eine externe Beratung und Begleitung?
Olschowski: Die Prozessbegleitungen können in ihrer neutralen und moderierenden Rolle auch kritische Themen zur Sprache bringen, was vor allem für die Abstimmungsprozesse mit den Verwaltungen hilfreich war. So konnten sie darstellen, warum die Regionalmanagerinnen und Regionalmanager Kultur auf flexible Arbeitsweisen oder einen direkten Draht zu ihrem Landrat angewiesen sind. Und auch bei der Vernetzung in der Region und dem Kontakt zu Kulturschaffenden war der offene Blick der Prozessbegleitungen von Vorteil – um blinde Flecken aufzuzeigen, um Vorbehalte aufzulösen oder um erstes Feedback einzuordnen.

Das Pilotprojekt Regionalmanager*in Kultur sieht vor, dass die Regionen einmal im Jahr eine regionale Kulturkonferenz veranstalten. Was passiert bei diesen Konferenzen und welche Wirkung können sie entfalten?
Olschowski: Die Kulturkonferenzen dienen in erster Linie der Vernetzung der Akteure in der Region. Neben dem Austausch von Erfahrungen und der Erarbeitung gemeinsamer Ideen haben die Kulturkonferenzen auch das Potential, Überzeugungsarbeit gegenüber der Politik und Verwaltung zu leisten und eine Öffentlichkeit für die regionale Kulturarbeit herzustellen. Durch die Einladung externer Referentinnen und Referenten können auch neue Themen wie Diversität, kulturelle Teilhabe und nachhaltige Kulturpolitik behandelt und in die regionale Kulturentwicklung eingebunden werden.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie von den teilnehmenden Landkreisen? Lassen sich nach anderthalb Jahren bereits Aussagen darüber treffen, was die neuen Koordinierungsstellen in den Regionen bewirken?
Olschowski: Die Landräte, die ich im Rahmen der Kulturkonferenzen erlebt habe, lassen sich von dem Elan der Regionalmanagerinnen und Regionalmanager Kultur regelrecht anstecken. Vielen sind überrascht von den positiven Rückmeldungen, die sie aus der Region erhalten. Für die Regionen ist das eine ganz neue Erfahrung, denn bisher gab es keinen Raum, in dem so viele unterschiedliche Akteure in Erscheinung und in den Austausch treten konnten. Gerade während der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Regionalmanagerinnen und Regionalmanager Kultur wichtige Unterstützung leisten können – indem sie über die aktuellen Verordnungen informieren, auf Hilfsprogramme hinweisen und die betroffenen Einrichtungen und Vereine in den Austausch bringen. Sie werden in den kommenden Jahren eine wichtige Stütze für die regionale Kulturentwicklung bleiben.

Weiterführende Informationen:

www.mwk.baden-wuerttemberg.de