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Kulturknotenpunkte Schleswig-Holstein
Interview mit Ministerin Karin Prien

Seit 2015 wurden in Schleswig-Holstein sieben Kulturknotenpunkte an professionell geführten Einrichtungen mit kulturellem Bezug eingerichtet. Aufgabe der Kulturknotenpunkte ist es, zugleich Anker und Kompass für die Kulturakteure in der Region zu sein. Das Pilotprojekt wurde 2020 evaluiert und startet derzeit in eine zweite Phase. Im Interview zieht Ministerin Karin Prien eine Zwischenbilanz.

Frau Prien, die Kulturknotenpunkte sind an "professionell geführte Einrichtungen mit kulturellem Bezug" angegliedert. Was sind das für Einrichtungen?

Karin Prien: Träger der Kulturknotenpunkte sind sehr verschiedene Einrichtungen. Institutionen, die sich für die Aufgabe gut gewappnet sahen, konnten sich in den vom Land definierten Regionen um die Förderung bewerben. Auf Basis ihrer Konzepte wurde dann der Zuschlag für jeweils fünf Jahre erteilt. Die Vielfalt der Trägerschaften reicht von einem Kulturzentrum in Pinneberg über eine Kulturstiftung im Herzogtum Lauenburg in Kooperation mit der Stormarner Kreiskulturverwaltung, eine Musikschule mit angeschlossenem Kulturveranstaltungszentrum in Itzehoe, Bildungseinrichtungen wie die Nordsee-Akademie in Leck (Nordfriesland) oder die Jugendbildungsstätte Scheersberg (Kreis Schleswig-Flensburg), bis hin zu einem Tourismuszweckverband in der Holsteinischen Schweiz. Wir nehmen diese Vielfalt der Trägerstruktur als großen Gewinn wahr und das geht den Verantwortlichen im Netzwerk der Kulturknotenpunkte genauso. Hier erfolgt ein spartenübergreifender Austausch von Kenntnissen und Kompetenzen mit strategischem Blick auf die Kulturszene des Landes und der Regionen.

Welche Aufgaben haben die Kulturknotenpunkte? Und unterscheiden sich die Aufgaben je nach Region oder je nachdem, welche Einrichtung einen Kulturknotenpunkt betreibt?
Prien: Aufgaben sind die Vernetzung der kulturellen Strukturen im ländlichen Raum untereinander und mit den dichter besiedelten Zentren, die Beratung kultureller Akteure und Interessierter entsprechend der Bedarfe vor Ort, die Förderung und Initiierung von Kooperationen sowie die Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit für kulturelle Angebote. Der Ausbau kultureller Teilhabe ist dabei das übergreifende Ziel. Jeder der sieben Kulturknotenpunkte ist in einer Region tätig, die ganz bewusst nicht deckungsgleich mit den Landkreisen ist, um über Verwaltungsgrenzen hinweg vernetzend zu wirken. Inhaltliche Schwerpunkte legen die Träger der Kulturknotenpunkte zunächst in ihren Bewerbungen und dann auch während der fünfjährigen Projektlaufzeit selbst fest. Idealerweise gehen sie auf die Bedarfe der Akteure in der Region ein und finden zugleich Synergien mit ihren eigenen Tätigkeitsfeldern.

Auf welchen Bedarf in den ländlichen Regionen Schleswig-Holsteins reagieren diese Netzwerkstellen?
Prien: Das kulturelle Angebot ist in Schleswig-Holstein regional sehr unterschiedlich. Die dicht besiedelte Metropolregion Hamburg, die touristisch geprägten Küsten und die dünn besiedelten Regionen an der dänischen Grenze stehen vor unterschiedlichen Herausforderungen. Größere Städte gibt es in Schleswig-Holstein nur wenige. Hinsichtlich Infrastruktur, Ressourcen, Zielgruppen und Mobilitätsangeboten sind die Voraussetzungen damit ganz verschieden. Das Kulturkonzept des Landes Schleswig-Holstein („Kulturperspektiven Schleswig-Holstein“) hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kerne kultureller Infrastruktur insbesondere im ländlichen Raum zu erhalten und abzusichern. Es geht bei der Einrichtung der Kulturknotenpunkte daher um die Stärkung bestehender Strukturen, um intelligente Allianzen für Innovatives und Neues und die Begründung neuer Netzwerke. Die Vision ist, dass mithilfe der Kulturknotenpunkte künftig in allen Landesteilen ein breites kulturelles Angebot für alle Bevölkerungsgruppen mit Rahmenbedingungen, die eine Teilhabe ermöglichen und zum aktiven Mitwirken animieren, besteht.

Sie haben die Landesförderung der Kulturknotenpunkte 2020 evaluiert. Welches Fazit ziehen Sie aus der ersten Projektphase? Was haben Sie für die zweite Förderphase verändert?
Prien: Durch eine externe Evaluation haben wir die Arbeit der einzelnen Kulturknotenpunkte, der Zusammenarbeit untereinander als Netzwerk und der Koordination des Netzwerks durch den Landeskulturverband Schleswig-Holstein untersuchen lassen. Im Ergebnis erweisen sich die Kulturknotenpunkte als der richtige Ansatz für die Herausforderungen der kulturellen Teilhabe im ländlichen Raum. Wir haben für die Neuausschreibung der Trägerschaft ab 2021 gemeinsam strukturelle Mindeststandards, zum Beispiel hinsichtlich der wöchentlich für die Vernetzungsarbeit vorgesehen Arbeitsstundenzahl, und inhaltliche Vorgaben der Arbeit der Kulturknotenpunkte festgelegt, um in der operativen Umsetzung mehr Klarheit für alle Beteiligten zu schaffen. Zudem haben die neuen Kulturknotenpunkte in Kooperation mit dem Landeskulturverband und dem Ministerium Anfang dieses Jahres ein Rahmenkonzept entwickelt, das eine gemeinsame Richtung definiert, aber individuell flexibel anpassbar bleibt. Die Kulturknotenpunkte haben sich ein „Mission Statement“ gegeben, in dem sie sich als „das professionelle Netzwerk für Kultur im ländlichen Raum“ in Schleswig-Holstein bezeichnen. Ihre Arbeit ist spartenübergreifend, innovativ, dialogisch, vermittelnd und stabilisierend. Sie verstehen sich als verlässliche und professionelle Partner der Kulturschaffenden vor Ort und als Multiplikatoren der Landeskulturpolitik im ländlichen Raum. Als Teil des landesweiten Netzwerks leisten sie in diesem Rahmen dazu jeweils eigene Beiträge.

Das Land fördert die Kulturknotenpunkte noch bis 2026. Denken Sie und die teilnehmenden Regionen bereits jetzt über eine Verstetigung der Kulturknotenpunkte nach?
Prien: Die 2015 neu geschaffene kulturelle Infrastruktur ist eine Erfolgsgeschichte. Wir wollen den Austausch der Kulturknotenpunkte untereinander künftig noch stärken. Der Landeskulturverband, der sich um die Koordination und Vernetzung der Kulturknotenpunkte kümmert, erhält ab diesem Jahr eine institutionelle Förderung des Landes. Den Turnus, alle fünf Jahre neue Bewerbungen auf die Trägerschaften zu ermöglichen, möchten wir beibehalten. Die jährliche Förderung der Kulturknotenpunkte wurde vom Landtag ab diesem Jahr sogar verdoppelt. Die Kulturknotenpunkte sind also inzwischen ein hoch geschätzter und fester Bestandteil der Kulturlandschaft Schleswig-Holsteins.