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Klein- und Mittelstädte als Knotenpunkte in ländlichen Räumen
Axel Priebs

Klein- und Mittelstädte werden immer wichtiger für das Leben in den ländlichen Regionen Deutschlands, und sie werden entsprechend gefördert. Sie sollen sich zu Versorgungszentren entwickeln, die Arbeitsplätze, Güter und Dienstleistungen bereitstellen. Aber auch Bildung und Kultur bedingen die Strahlkraft dieser Städte, die Axel Priebs als Orte der Begegnung in metropolfernen Regionen und als Knotenpunkte in ländlichen Räumen beschreibt.

Sowohl in den Raumwissenschaften als auch in der Regionalentwicklung ist in den vergangenen Jahren erfreulicherweise die Bedeutung von Klein- und Mittelstädten erkannt worden. Wenn es darum geht, Räume abseits der Metropolen zu stabilisieren oder dort Entwicklungsprozesse zu initiieren, führt an diesen Städten kein Weg vorbei. Eine gute Politik für ländliche Räume ist deswegen auch immer eine Politik zur Stabilisierung dieser Knoten- oder Ankerpunkte, auch wenn die Bilder von ländlichen Räumen gewöhnlich kleinere Städte kategorisch ausschließen.

Dass Klein- und Mittelstädte seit einigen Jahren in den Fokus der raumwissenschaftlichen Forschung gerückt sind und auch in der politischen Diskussion wieder ein größeres Gewicht haben, hat viele Gründe. Ganz wichtig sind die aktuellen Diskussionen über gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland, die Wiederentdeckung des Themas „Heimat“ sowie die potenzielle Entlastungsfunktion der Klein- und Mittelstädte für überlastete Großstadtregionen. Dadurch wurde auch das Bestreben der Landes- und Regionalplanung gestärkt, mit der Förderung dieser Städte flächendeckend leistungsfähige Versorgungszentren zu sichern. Damit ist (wie exemplarisch im schleswig-holsteinischen Landesentwicklungsplan festgelegt) für diese Städte der Auftrag verbunden, „regional für die Bevölkerung ihres Verflechtungsbereichs die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des gehobenen Bedarfs sicher“ zu stellen; darüber hinaus sollen sie „regionale Wirtschafts- und Arbeitsmarktzentren mit einem breit gefächerten Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen“ sein.

Die normative Strahlkraft solcher Zentren resultiert aus der Bündelung vielfältiger Funktionen in Handel und Dienstleistungen, in der medizinischen Versorgung sowie in Bildung und Kultur, wobei die letztgenannten Bereiche in sich wiederum sehr stark ausdifferenziert sind. So können die Schulen über ihre primäre Bildungsaufgabe hinweg vielfältige Impulse in die Zivilgesellschaft setzen, etwa durch Arbeitsgemeinschaften und Interessengruppen für Theater, Musik, Literatur, Film, Tanz und mehr. Alsdann sind die Volkshochschulen mit ihrem ebenfalls breiten Themenspektrum zu nennen. Viele Klein- und Mittelstädte verfügen außerdem über Theater-, Konzert- und Kinoangebote. Wichtig ist, dass kulturelle Angebote die vielfältigen gesellschaftlichen Gruppen, vor allem unterschiedliche Altersgruppen, ansprechen. Eine besondere Aufgabe liegt darin, Kinder und Jugendliche an Kultur heranzuführen oder ihnen kulturelle Entfaltung zu ermöglichen.

Dabei spielen in ländlichen Räumen Kulturzentren eine besondere Rolle, die in Klein- und Mittelstädten häufig von kommunaler Seite oder mit kommunaler Unterstützung eingerichtet wurden. Zu erwähnen ist auch die Klein- und Straßenkunst, die in vielen Klein- und Mittelstädten Fuß gefasst hat. Als ein Beispiel für Synergieeffekte zwischen dem Einzelhandel und der Kultur sei der Buchhandel genannt. Diese Branche war schon sehr früh von der Konkurrenz durch Internetanbieter betroffen. Während vor allem kleinere Buchhandlungen aufgeben mussten, haben sich viele Buchhändlerinnen auch offensiv der Konkurrenz gestellt, indem sie selbst einen Bestellservice im Internet, insbesondere aber im Ladengeschäft die persönliche Beratung anbieten, die beim Buchkauf besonders geschätzt wird. Für die Lebensqualität der Klein- und Mittelstädte von zentraler Bedeutung aber ist, dass Buchhandlungen zunehmend die Rolle örtlicher Kulturträger übernehmen. In zahlreichen Städten gehören Lesungen und andere Aktivitäten der Buchhandlungen zum unverzichtbaren Kulturangebot, beispielsweise organisiert die Buchhandlung am Gänsemarkt in Eckernförde gemeinsam mit der Stadtbibliothek jährlich sechs bis sieben Autorinnenlesungen oder Buchvorstellungen.

Natürlich sind die Bedingungen in den Städten als kulturelle Versorger der Region einem ständigen Wechsel unterworfen, weil sie auch viel mit handelnden Personen und Initiativen zu tun haben. Klar aber ist, dass die Klein- und Mittelstädte unverzichtbare Orte der Begegnung in den metropolenfernen Räumen sind, die für Lebensqualität auch in den umliegenden kleinen Orten und Dörfern sorgen.