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Vortrag: Die Sprache wiederfinden

Zum Abschluss des Akademie reflektierte Christoph Schröder das Thema Sprache und diskutierte mit den TRAFO-Projektakteuren, ob es eine vorurteilsfreie Sprache über die Kulturarbeit im ländlichen Raum gebe und wie diese aussehen sollte.

Der ganze Beitrag "Die Sprache (wieder)finden" von Christoph Schröder kann hier als pdf heruntergeladen werden.

Die Sprache wiederfinden

Von Christoph Schröder

Das TRAFO-Programm wurde initiiert, um Kultureinrichtungen in ländlich geprägten Regionen bei ihrer Entwicklung zu unterstützen. Zum Programm gehören kulturelle Projekte aus dem Oderbruch, dem Saarpfalz-Kreis, aus Südniedersachsen und von der Schwäbischen Alb. Zweimal pro Jahr kommen alle am Programm beteiligten Vertreter zur TRAFO-Akademie zusammen, um sich über die Kulturarbeit im ländlichen Raum auszutauschen. Im Herbst 2017 trafen die Beteiligten der TRAFO-Projekte sich in Münsingen auf der Schwäbischen Alb.

Die Frage nach einer gerechten, das heißt, den Bedingungen und Prämissen von Kulturarbeit im ländlichen Raum gerecht werdenden Sprache, stand immer wieder im Zentrum der Diskussionen. Dabei galt es zunächst, einige prinzipielle Voraussetzungen zu klären. Zum Beispiel: Ist die Setzung der harten Dichotomie von Stadt und Land überhaupt noch zeitgemäß? Bildet sie die Ausdrucksbedürfnisse und den Ist-Zustand adäquat ab? Im Verlauf der Gespräche kristallisierte sich heraus, dass die Verhältnisse mittlerweile weit ausdifferenziert sind und von einer klaren Trennung von urbanem und ruralem Raum nicht mehr gesprochen werden kann. Und dass für jede Modellregion des TRAFO-Projekts eigene Gesetze gelten. Trotzdem wird auch hier in der Folge mit den Begriffen „Stadt“ und „Land“ operiert, um eine klare, allgemeine Begrifflichkeit als Grundlage zu haben, die der allgemeinen Verständigung dient.

Bei der Betrachtung der semantischen Felder, mit denen über Kultur im nicht-urbanen Raum gesprochen wird, ist es ebenso wichtig, die Perspektive im Blick zu behalten. Also: Wer spricht über wen? Wer schaut wen wie an? Und: Wie wollen wir, dass über uns gesprochen und gedacht wird? Als zentrale Erkenntnis der Akademie darf auch die Feststellung gelten, dass als unangemessen empfundene Sprache auch stets auf einem Gegensatz beruht, sei dieser nun konstruiert oder real. Im Verhältnis von Stadt und Land drücken sich nicht nur disparate Lebensstile, sondern auch ein Machtverhältnis aus. Der abfällige und geringschätzige Blick auf Kultur aus der Urbanperspektive produziert Schamgefühle und Ablehnung. Dadurch können sich im schlimmsten Fall Zugänge zu wertvollen Netzwerken im nichtstädtischen Raum verschließen.

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